Essay: Betreutes Fliegen
von Marina Veik
"Betreutes Fliegen – das klingt wie betreutes Wohnen. So, als könnte ich keine selbstständigen Entscheidungen treffen" – das sind meine Gedanken, als ich mich als frischgebackene Pilotin erstmals mit diesem Angebot konfrontiert sehe.
Den A-Schein gerade in der Tasche, ist mein innerer Höhenflug noch nicht zur Landung übergegangen – bisher hat alles gut geklappt und das Gefühl der Freiheit hallt deutlich nach.
Dort oben in der Luft habe ich etwas besonderes geleistet, war innerlich über die Dinge erhaben. Jaa, ich kann es. Diese Momente sind wunderschön; verfliegen jedoch, als ich das erste Mal ohne meine Fluglehrer an einem Startplatz stehe. Plötzlich muss ich allein entscheiden. Und plötzlich bin ich gar nicht mehr so cool und abgeklärt:
Hier war ich noch nie, ist dies der richtige Startplatz? Hmm, der Windsack schlägt leicht von der Seite, aber steht der nicht auch etwas im Lee? Bis wohin muss ich meinen Schirm kontrolliert haben? Oder sollte ich doch lieber schon 5 Meter vorher abbrechen, wenn etwas nicht passt? Woher weiß ich denn, was mich am Landeplatz aktuell erwartet? Solche Gedanken hat nahezu jeder Pilot, der zu seinen ersten Alleinflügen aufbricht, schon gehabt.
Es geht alles gut bei meinem ersten Alleinflug im neuen Gelände. Die Zweifel, ob ich in jeder Situation die richtige Entscheidung treffen werde, bleiben jedoch. Für "trial and error" bin ich zu alt, das überlasse ich anderen. Lieber hätte ich für den nächsten Versuch wieder jemanden an meiner Seite, den ich mal fragen kann.
Meine erste Gleitschirmreise führt mich ins bereits bekannte Lüsener Tal zum Thermik-Technik-Training. Hier fühle ich mich sicher, kenne das Gelände und darf Starts und Landungen auch mal üben, ohne dass mir ein Fluglehrer alles vorbetet. Die ersten schönen Thermikflüge sind möglich und ich spüre, wo meine persönliche Wohlfühlgrenze in bewegter Luft liegt.
Mit neu gewonnener Sicherheit geht die nächste Reise direkt nach Algodonales/Spanien.
Die Laune ist super, es gibt fantastisches Essen und wir haben eine sehr nette Gruppe beisammen.